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Das System der Kundalini

Auszüge aus der Vortragsserie 'Systeme der Persönlichkeit'
von Swami Veda Bharati
Teil 8

Wir haben bereits das vitalisierende spirituelle Prinzip angesprochen, durch das Prana und Geist entstehen. Die Strahlen des spirituellen Prinzips, die in das System der Persönlichkeit fließen, werden als Kundalini bezeichnet, auch als Devatma-shakti, die Energie des göttlichen Selbst. Es ist die Ausstrahlung des reinen Selbst.

Kundalini in dir ist ein Strahl der leuchtenden Sonne. Ein winziger Teil dieser Ausstrahlung genügt, um all diese Systeme der Persönlichkeit am Funktionieren zu halten. Kommt man der Selbstverwirklichung näher, steigert sich die Intensität dieser Ausstrahlung. Dadurch werden alle Kräfte in einer Weise gesteigert, die man sich gewöhnlich nicht vorstellen kann. Durch diese gesteigerte Energie ist man in allem, was man tut, weitaus effektiver und schneller. So hat z.B. das was man spricht, mehr Gewicht.

Kundalini ist wie die elektrische Energie in einer Leitung, an die man einen Ventilator anschließt. Die Energie ist unsichtbar, doch sobald man das Gerät einsteckt, wird die Magnetspule aktiv. Das Wort 'kundala' bedeutet, 'das, was aufgespult oder gewunden ist'. Es ist wie die Magnetspule in einem Ventilator, der sich dadurch in Bewegung setzt, so wie wir unsere Hände, Füße etc. in Bewegung setzen.

Nadis - die Energieströme

Man spricht von 72.000, andere von 325.000 Energieströmen, die von Kundalini in das gesamte System hinausgehen. Sie 'magnetisieren' den Geist, die Pranas, alle unsere Funktionen.

Kundalini wird in drei hauptsächliche Ströme unterteilt. Der zentrale Strom ist Sushumna, die beiden anderen stehen für das Prinzip der Dualität und kontrollieren dieses Prinzip: Ida auf der linken, Pingala auf der rechten Seite. Die linke Seite wird als lunares, mondhaftes, passives, feminines, intuitives und aufnehmendes Prinzip beschrieben, die rechte Seite als aktives, solares, männliches und auswärtsorientiertes Prinzip.

Dualität überwinden

Solange sich diese beiden seitlichen Ströme nicht in einem gleichmäßigen, ausgewogenen Fluss befinden, befindet man sich in der Welt der Dualität: wenn z.B. der Atemfluss im rechten und linken Nasenflügel unausgewogen ist, oder wenn man sich vom Vergnüglichen angezogen fühlt und das Schmerzhafte vermeidet. Oder wenn das Männliche und Weibliche in dir voneinander getrennt bleiben. Oder wenn die Vorstellung von Leben und Tod in dir weiter bestehen. Solange es in deinem Leben 'zwei' gibt - dies gegen das, bleiben Ida und Pingala unausgewogen. Einmal fließt der Atem im linken Nasenflügel stärker, dann der Atem im rechten Nasenflügel. Einmal bist du mehr rational, dann bist du wieder mehr intuitiv oder emotional. Manchmal bist du mehr passiv, manchmal mehr aktiv, etc.

Das Dualitätsprinzip, Veränderung, Konflikt, Wechsel, Abwandlung, Anpassung - all das bleibt solange bestehen, bis die beiden in einen vereinten Strom verbunden werden, der als Sushumna bezeichnet wird, was völlige Ausgewogenheit des Geistes bedeutet. Wo immer Alternativen bestehen, gibt es auch Konflikte. In dieser vollständigen Ausgewogenheit gibt es keine Gegensätze mehr, keine Dualität, keine Alternativen, keine Konflikte.

In Sushumna sammeln sich alle Kräfte, die zuvor im linken oder rechten Strom wirksam waren. Richtig oder falsch, das Männliche oder Weibliche, Anziehung und Abneigung - all das endet dann.

Diese völlige Ausgewogenheit entsteht, weil es keine Identifikation mehr gibt mit all diesen alternierenden Prinzipien, die die Systeme innerhalb der Persönlichkeit bilden. Das Erwachen der Kundalini bedeutet also automatisch die Desidentifikation mit diesen Systemen der Persönlichkeit. Es bedeutet, dass Ich, das Selbst, sie mit Leben durchdringe, nicht umgekehrt.

Ihr habt zu lernen, den Sushumna-Fluss immer länger und länger auszudehnen, bis er beständig bleibt.

Der Körper ist nur Fassade

Um es noch einmal zu verdeutlichen: in der Yoga-Philosophie verstehen wir den Menschen nicht als ein physisches Wesen. Die Persönlichkeit ist nur äußerliche Erscheinung, nur eine Fassade. Was wirklich zählt ist das, was dahinter steht.

Deine körperliche Form ist entlang der Linien eines Energiefelds angeordnet. So wie die Rotorblätter eines Ventilators sich nicht von selbst bewegen können, so hat auch dein Körper oder dein Geist nicht die Kraft, sich selbst zu bewegen. Was bewegt, ist die Energie. Diese Energie solltest du verstehen.

Nimm einen Magneten, darüber ein Blatt Papier - und verteile kleine Eisenspäne auf diesem Blatt Papier. Was geschieht? Die Eisenspäne arrangieren sich entlang der Linien des Energiefelds. Alles in deiner Persönlichkeit ist in gleicher Weise entlang der Linien des Energiefelds der Lebenskraft und Bewusstseinskraft angeordnet.

Wie bereits gesagt sehen wir den Menschen nicht als ein physisches Wesen, sondern als ein Energiewesen.

Diese göttliche Energie, die durch dich fließt, ist von dreifacher Art:

  • Cit - die Bewusstseinskraft
  • Jiva - die Lebenskraft
  • Prana - die Vitalität.

Du bist angeschlossen an Bewusstsein, Leben und Vitalität des gesamten Kosmos. Es gibt daher nichts, das für dich unerreichbar ist. Alle Erkenntnisse stehen dir offen, wenn du diese dreifache Energie verstehst, wenn du die Kundalini verstehst, wenn sie nicht mehr 'schläft' sondern erwacht ist.

Lebenskraft, Jiva, ist nichts als reine Lebenskraft. Eine ihrer Funktionen ist, das Nichtlebendige lebendig zu machen, es zu vitalisieren. Sobald diese Energie in Bewegung kommt und eine vitale Funktion erfüllt, wird sie zu Prana.

Wenn die linke Seite, Ida, aktiv ist, ist der Atem- und Prana-Fluss im linken Nasenflügel aktiv. Wenn Pingala aktiv ist, so ist der Fluss im rechten Nasenflügel aktiv. In der 'höchsten' oder 'tiefsten' Meditation sind beide Nasenflügel gleich aktiv, da hier Sushumna, der zentrale Energiestrom aktiv wird. Sushumna wird aktiv, wenn man diese beiden Polaritäten des Lebens in einen einzigen mentalen Strom verbindet, wenn man also nicht länger in einer Welt der Gegensätze lebt.

Erfahrung in der Meditation

In den meisten von uns ist dieser Energiestrom inaktiv, schlafend. Wenn du in deiner Meditation Fortschritte machst, wirst du diese Energieströme in der einen oder anderen Form deutlich erfahren - manchmal als eine innere Empfindung, manchmal als eine Vibration, manchmal als eine Bewegung. Manche erfahren sie als Wärme oder Hitze. Andere erfahren es möglicherweise in Form von Klang.

Sobald du echte derartige Erfahrungen der Energie machst, wird allmählich dein Bewusstsein, das noch mit der körperlichen Identität verschmolzen ist, sich mit der Energie-Identität verbinden. Dann lebst du nicht mehr in dieser Körperidentität, sondern in dem was wir als Cid-akasha bezeichnen, im inneren Raum des Bewusstseins - in einem anderen Raum. Es ist ein unbegrenzter Raum.

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