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Quelle der Mantras - und Mantra-Initiation

Auszüge aus der Vortragsserie 'Anwendung und Bedeutung von Mantras'
von Swami Veda Bharati
Teil 3

Mantra als Fokus kosmischer Energien

Im alten Indien wurde die Wissenschaft der Klangschwingungen sehr sorgfältig erforscht.

In unserer Tradition begreift man einen speziellen Klang, eine spezielle Silbe, als den Fokus bestimmter kosmischer und seelischer Energien. Ein bestimmter Klang bildet den Fokus gewisser kosmischer und seelischer Energien. Psychische und kosmische Energien sind ein und dasselbe. Wer glaubt, dass die äußere Welt sich von der inneren Welt unterscheidet, unterliegt einem Irrtum. 'Alles, was hier ist, ist auch anderswo; was nicht hier ist, existiert nirgendwo sonst.' Alles ist hier in dir.

Bestimmte Klänge bilden den Fokus für bestimmte geistige und universelle Energien. Ein bestimmter Klang, kontinuierlich wiederholt, erzeugt daher eine bestimmte Wirkung. Er bringt gewisse latente, in dir ruhende Energien zum Vorschein. Diese Energien in dir sind zugleich Zugänge zu den Energien des gesamten Universums. Ein verwirklichter Yogi kann die Kräfte in sich selbst kontrollieren und damit kontrolliert er auch die Energien um sich herum.

Der Klang einer Silbe, bildet den Brennpunkt bestimmter innerer Energien. Eine spezifische Kombination solcher Klänge, auf ein bestimmtes Individuum abgestimmt, ist ein Mantra.

Quelle der Offenbarung

Es gibt noch einen weiteren Blickwinkel, wie man das Thema Mantra betrachten kann. Wir begreifen Sprache auf vier unterschiedlichen Ebenen. Die ersten beiden sind die gesprochene, geäußerte Sprache - und das unausgesprochene Wort im Geist. Die meisten von uns sind allein mit diesen beiden Ebenen der Sprache befasst: dem Gesprochenen und dem Gedachten.

Doch es gibt noch weitere Bereiche. In allen mystischen Traditionen der Welt gibt es Begriffe wie Intuition oder Offenbarung. Jeder von uns ist mit diesen Begriffen vertraut, doch wir haben sie aus unserem allgemeinen Vokabular gestrichen, weil wir den Kontakt zu den Quellen der Intuition und Offenbarung verloren haben.

Was bedeutet Offenbarung? Versteht man darunter, dass Gott mit donnernder Stimme aus den Wolken zu dir spricht?

In der meditativen Philosophie sucht man diese Dinge im eigenen Inneren und nirgendwo sonst. Die Quellen der Offenbarung liegen in dir selbst. Alles, das in der Vergangenheit von Propheten verkündet wurde – ob in Israel, in Indien, in China oder wo immer - kann sich ebenso dir selbst offenbaren. Jede Person kann zum Werkzeug dieser Offenbarung werden, wenn man versteht, wie man als endliche, begrenzte Persönlichkeit wieder in Berührung kommt mit dem Unbegrenzten, das ebenfalls in jedem von uns zu finden ist.

Stell dir den gewaltigen Ozean vor, all das Wasser, und im Vergleich dazu einen kleinen Teich. Wenn du zwischen beiden eine Verbindung öffnest, wird der kleine Teich ein Teil des großen Ozeans - es ist dasselbe Wasser. Das grenzenlose Wissen des allumfassenden Bewusstseins, manche Menschen nennen es Gott, steht offen, steht uns zur Verfügung. Wir haben diese Zugänge, nur sind die Kanäle noch nicht geöffnet.

In tiefer Meditation, wenn die Begrenzungen durch Raum, Zeit und Körper vergessen sind und es keine begrenzten Objekte mehr gibt, dehnt sich das Bewusstsein aus und verschmilzt mit der Unendlichkeit in dir. Sie ist identisch mit dem gesamten Universum, mit dem alles durchdringenden Sein, mit Allem. Für diese Erfahrungen gibt es keine Worte mehr, um sie beschreiben.

Es kann in Parabeln oder Gleichnissen beschrieben werden, doch es kann nicht definiert werden. Hierin liegt der Grund, warum offenbarte Texte manchmal schwer fassbar sind. Doch wenn der Geist solche Schwingungen aufnimmt, muss es irgendwo sichtbar oder hörbar werden.

Als in den frühen Yogis in tiefer Meditation diese feinen Schwingungen des allumfassenden Bewusstseins aufgestiegen sind und sie vollständig erfüllt haben, haben sie diese inneren Klangschwingungen ausgesprochen - und diese Klänge wurden Mantras.

Initiation in ein persönliches Mantra

Wenn es heißt, dass ein Mantra 'gegeben' wird, so wird es tatsächlich gegeben. Man erhält es von jemandem, der etwas mehr meditiert hat - von jemandem mit Qualifikation, jemand der dazu von seinem Meister autorisiert wurde - und dieser von seinem Meister und so weiter.

Wenn eine zur Initiation autorisierte Person ein Mantra gibt, so ist das erste, das er oder sie zu sich selbst sagt: 'Ich bin niemand.' Das gilt auch für das Unterrichten. Denn sobald man glaubt, ein Lehrer zu sein und zu unterrichten, wird die Inspiration versiegen. Um als spiritueller Lehrer auf inspirierte Weise unterrichten zu können, muss man seine falsche Ego-Identität und seine persönlichen Fähigkeiten aufgeben und verleugnen. Wenn ein Initiator Mantras gibt, so sind diese Mantras nichts von ihm oder ihr Erzeugtes. Nur das, was überliefert wurde, wird weitergegeben.

Instruktion und Initiation

Man muss zwischen Instruktion und Initiation unterscheiden. Ein Teil der Meditationspraxis ist die Anleitung und Unterweisung; der andere Teil ist Initiation.

Ein persönliches Mantra zu erhalten ist eine Initiation. Initiator und die Person, die das Mantra erhält, treffen sich im Vertrauen, und das Mantra wird übermittelt.

Initiation ist die Übertragung eines bestimmten Bewusstseinszustands auf eine andere Person. Im Fall der Mantra-Initiation - der erste Schritt der Yoga-Initiation - wird das Mantra durch den Initiator/die Initiatorin in einem meditativen Zustand auf solche Weise übertragen, dass es sich im Geist verankert.

Mein Meister sagt: 'Nicht ich initiiere - es ist mein Meister, der initiiert.' Und sein Meister hat ihm dasselbe gesagt: 'Nicht ich initiiere - es ist mein Meister, der initiiert.' Initiation geschieht im Namen einer langen Linie von Meistern und Lehrern.

Es hat nichts mit Religion zu tun. Das Erhalten eines Mantras bedeutet nicht, sich einer Religion anzuschließen. Die Essenz aller Religion ist Meditation - aus ihr entspringen alle Religionen, wie die Blütenblätter einer Blume. Der zentrale Punkt ist dein eigener innerer Kontakt mit dem Unendlichen. Daher ist es völlig unwichtig, ob du religiös bist oder nicht - ob du an Gott glaubst oder nicht.

Wie werden Mantras ausgewählt?

Initiatoren haben ein spezifisches Training und Methoden erhalten, wie sie das individuell passende Mantra herausfinden. Es ist kein rationaler Prozess, doch das bedeutet nicht, dass es ein irrationaler Prozess ist. Initiatoren sind geschult darin, für die Intuition empfänglich zu sein.

Der Meister würde niemanden ermächtigen, Initiation zu erteilen, wäre er sich nicht sicher, dass es die richtige Person dafür ist und sie wirklich dazu in der Lage ist. Die initiierende Person wird zum Instrument für den Weisheitsstrom der Tradition. Initiatoren sind darin trainiert, genau zu unterscheiden zwischen dem, was aus dem Unterbewussten stammt und dem, was aus der reinen Intuition her rührt. Dies macht den Unterschied.

Das Mantra, das man erhält, sollte man vollständig für sich behalten. Wenn du dich auch sonst über alles im Leben artikulierst, hierüber solltest du Schweigen bewahren. Man teilt sein Mantra mit niemandem, damit es als ein Fokus deiner psychischen Energien wirksam werden kann.

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