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Achtsames Beobachten

Achtsamkeit ist das Fundament des Meditationsweges:

  • achtsames Erleben führt zu Konzentration -
  • Konzentration vertieft sich zu Meditation -
  • Meditation endet in Samadhi - dem direkten Erkennen des Wirklichen.

Doch alles beginnt mit Achtsamkeit.

Identifikation

Gewöhnlich sind wir sehr eng mit unserem Körper, mit wechselnden Gefühlszuständen und fluktuierenden Gedanken identifiziert. Geht es z.B. dem Körper schlecht, geht es 'mir' schlecht; wenn Ärger aufsteigt, ärgere 'ich mich'; und das, was durch meinen Kopf geht, sind 'meine' Gedanken.

Die Gesamtheit aller Identifikationen eines Individuums formen ihre ichzentrierte Persönlichkeit. Identifikation bedeutet:  ich reduziere mein ursprünglich freies, vollständiges und unbegrenztes Bewusstsein und mein unbegrenztes schöpferisches Potential auf bestimmte Teilaspekte, die ich dann als meine Identität ansehe:  'Das ist, was mich ausmacht'.

Drei zentrale Antriebe einer ichzentrierte Persönlichkeit:

  • Verlangen - ich begehre das, was mir mehr Sicherheit, Kontrolle und Einfluss verspricht, das ich gerne in Besitz nehmen möchte und wodurch ich meine Identität ausweiten kann
  • Ablehnung, Aversion - die Abwehr gegen alles, was 'mich', 'meinen' Besitz und meine künstlich aufgebaute Identität gefährden bzw. in Frage stellen könnte - egal ob diese Gefährdung tatsächlich gegeben ist oder nur vermutet
  • Furcht - die im Hintergrund ständig vorhandene Angst vor Verlust dieser konstruierten Ich-Identität.

Um frei zu sein muss man Begrenzungen aufgeben

Größere Freiheit kann allein durch das Aufgeben von Begrenzungen entstehen.

Doch um Begrenzungen aufzugeben, muss man sie zuerst erkennen und verstehen. Der Schlüssel dazu ist Achtsamkeit, das losgelöste Beobachten aller Erfahrungen, Vorgänge und Zustände. Es handelt sich hierbei um ein sehr sanftes Gewahrsein anstelle eines angespannten Kontrollierens. 

Achtsamkeit ist ein innerlich losgelöstes, nicht-involviertes und zugleich äußerst sensitives und zugewendetes Erleben. Achtsamkeit steht also im Gegensatz zu der so tief in uns eingefurchten emotionalen Tendenz, jederzeit auf Basis von Angst, Abwehr oder Anhaftung zu reagieren. Sie bildet den Gegenpol zum abgegrenzten und abgrenzenden Ego, das stets um 'Kontrolle' bemüht ist (Ego-Kontrollspannung, Ego-Bereitschaftsspannung).

Achtsames Beobachten bedeutet, allem Beachtung zu schenken. Man kultiviert eine Einstellung der Achtsamkeit bezogen auf alle Erfahrungen, Zustände, Handlungen, Worte und Gedanken.

Auf dem Weg der Meditation hat Achtsamkeit zwei Funktionen:

  • während seiner Meditation fokussiert man die Aufmerksamkeit auf den gewählten Inhalt
  • im täglichen Leben übt man sich in achtsamem Erleben, man beobachtet alle Vorgänge (Erfahrungen), Zustände und alles Geschehen im Außen wie im eigenen Inneren.

Praktisch bedeutet das:

  • ist man äußerlich aktiv, verbindet man sein Handeln mit gelöster Aufmerksamkeit; man beobachtet, wie man seinen Körper benutzt, um diese Handlungen auszuführen
  • man beobachtet die Aktivität seiner Sinne; man achtet weniger darauf, was man riecht, schmeckt, sieht, berührt oder hört, sondern in erster Linie darauf, dass man riecht, schmeckt, sieht, berührt, hört
  • man beobachtet seine Atmung und die Qualität seines Atems
  • man ist sich seiner Gefühlszustände, Emotionen und Denkvorgänge bewusst und beobachtet die damit verbundenen inneren Prozesse
  • man beobachtet die innere Ruhe und Stille.

Unterscheidungs- und Entscheidungsfreiheit

Aus dieser Art Achtsamkeit entsteht die Fähigkeit, sich allmählich aus den Handlungsvorgaben tief verwurzelter Gewohnheiten und aus begrenzenden Identifikationen zu lösen. Erst dann kann das eigene Handeln vermehrt aus klarer Unterscheidung und Entscheidung (buddhi) entstehen. Und nur daraus eröffnet sich die Möglichkeit, sein Handeln tatsächlich frei zu entscheiden.

Den mentalen Prozess erforschen

Nur ein sorgfältiges Beobachten der eigenen Handlungen und gesprochenen Worte ermöglicht, den geistigen Prozess zu begreifen, der diesen Handlungen und Worten zugrunde liegt. Dazu erforscht man sich selbst, d.h. die Inhalte, Aktivitäten sowie die verschiedenen Funktionen seines Geistes und ihr Zusammenwirken.

Wie kann man seinen eigenen Geist studieren?

Da es dafür kein äußeres Instrument gibt, trainiert man einen Teil seines Geistes darin, die Gesamtheit des Geistes zu beobachten und zu erforschen. Dazu stärkt man Buddhi, den hellen, klaren, lichten, sattvischen Aspekts unseres Geistes.

Manas, der oberflächliche, sinnesbezogene Geist sollte dahingehend trainiert werden, die leitende Funktion von Buddhi zu akzeptieren, anstelle blind den Vorgaben angenommener Gewohnheiten und Tendenzen zu folgen.

Den Denkprozess in sich beobachten bedeutet:

man beobachtet und erforscht das Zusammenwirken der fünf Wahrnehmungs- und der fünf Handlungsfähigkeiten (indriyas) mit Manas (aktiver Geist) sowie den anderen Funktionen des Geistes: mit Citta (den Erfahrungsspeicher), mit Ahamkara (dem Ich-Bezug) und Buddhi.

Forschungsreise in das eigene Innere

Wer meditiert, beginnt eine Forschungsreise in sein eigenes Inneres. Man studiert seine emotionalen Reaktionen und die begleitenden mentalen Prozesse, beginnend auf der oberflächlich bewussten und zunehmend auf den gewöhnlich unter- und unbewussten Ebenen. Man lernt allmählich, die Aufmerksamkeit systematisch immer tiefer nach innen zu führen.

So lernt man alle Funktionen und Fähigkeiten seines Geistes immer besser zu verstehen, seine geistigen Funktionen zu koordinieren und die sich erschließenden Potentiale konstruktiv einzusetzen.

Sich selbst zu verstehen, seinen Geist in all seinen Dimensionen zu studieren und zu erforschen, bildet eine wesentliche Grundlage für Fortschritt auf seinem Meditationsweg. Die Lehren der Yogis über den menschlichen Geist dienen dabei als 'innere Landkarten', als Orientierungen auf diesem Weg.

Doch letztlich geht man über all das hinaus

Man lässt den Geist hinter sich (amanaska-yoga) und findet zur ursprünglichen Quelle, aus der alles entsteht - dem reinen Bewusstsein, das von den Weisen je nach kulturellem Hintergrund und Tradition mit verschiedenen Namen bezeichnet wird. Man realisiert sein ursprüngliches vollständiges Sein, das höchste Selbst.

(Samvid)

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