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Mitgefühl - eine weiter gefasste Perspektive

von Swami Veda Bharati

Menschliches Leiden existiert in vielerlei Formen. Mitgefühl kann sich ebenfalls auf verschiedene Ebenen beziehen.

Wir kennen die physischen Formen des Leidens -
ist beispielsweise jemand hungrig, verletzt oder hilflos, wird man helfen, da man aus eigener Erfahrung weiß, was es bedeutet, hungrig oder verletzt zu sein.
Derartige physische Leiden führen zu einer mitfühlenden Antwort.

Viele betrachten Vergebung als eine tiefer reichende Form des Mitgefühls, doch Mitgefühl reicht noch weitaus tiefer als das.

Es gibt noch eine völlig andere Art von Leiden, wir kennen sie als die Kleśas der Yoga-Psychologie. Kleśas sind geistige Schmerzen, sie sind die Quellen

  • aller negativen Tendenzen -
  • aller egoistischen Einstellungen -
  • des selbstsüchtigen und verletzenden Handelns -
  • von Stolz, übler Nachrede, Ärger, Bösartigkeit, Gier, Grausamkeit etc.

Aus Mitgefühl den Hunger eines Menschen zu stillen, ist einfach. Mitgefühl bezogen auf den Ärger oder die Bösartigkeit eines Menschen zu praktizieren, und diesen Ärger zu befrieden, ist viel schwieriger, denn gewöhnlich reagieren wir auf den Ärger anderer mit Angst, Abwehr oder eigenem Ärger.

Man kann sich selbst die Frage stellen:
würde ich jetzt mit einem verärgerten Menschen konfrontiert, würde ich ihm Frieden schenken - oder ihm mit Abwehr und eigenem Ärger begegnen?

Die größere Herausforderung besteht darin, den Ärger anderer als geboren aus Schmerzen zu begreifen und diesem Menschen dann nicht auf Basis seines Ärgers, sondern seines Schmerzes zu begegnen.

Den emotionalen Schmerz lindern

Hunger verlangt nach Nahrung, Ärger verlangt nach Linderung. Auf einer tieferen Ebene ist Mitgefühl daher die Kunst, den Ärger anderer zu befrieden, den zugrunde liegenden Schmerz zu lindern.
Wahres Mitgefühl ist, wenn man dem hungrigen Menschen und dem verärgerten Menschen in gleicher Weise begegnen kann.

Viele Übende scheitern daran, diese feinere Ebene zu entwickeln. Wir benötigen jedoch auch dieses feinere Verständnis, diese subtilere Form des Mitgefühls.

Wird als Ergebnis der Bereinigung der eigenen emotionalen Belastungen unser Geist zunehmend feiner, d.h. sattvischer, verändert sich auch unsere Wahrnehmung für das Verhalten anderer. Man nimmt das destruktive Verhalten anderer auf neue Weise wahr -

  • man erkennt den darunter verborgenen Schmerz -
  • und dann handelt man aus Mitgefühl -
  • nicht, um das Verhalten dieser Menschen zu ändern, sondern um ihren Schmerz zu lindern - und diesen Schmerz durch positive Empfindungen zu ersetzen.

bindu 200

bindu yoga · meditation

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